Wer steuert wen?
Prof. Gramazio ist Architekt und Dozent an der ETH Zürich. Er interessiert sich für die Materialisierung des digitalen Entwurfs. Was im virtuellen Raum gezeichnet wird, kann mithilfe von Maschinen umgesetzt werden. Anhand einiger seiner Arbeiten wird spürbar, mit welchen Methoden er die Grenzen zur Machbarkeit auslotet. Dabei bedient er sich der neusten Technik, ob mit CNC-Fräsen, automatischer Schweissmaschine oder Industrieroboter die nach programmierten Mustern arbeiten. Die Fassade des Weingutes Gantenbein zum Beispiel wurde mit einem Industrieroboter realisiert.
Bei so viel Perfektion, wird die Angst im Menschen geweckt, irgendwann von einer Maschine ersetzt zu werden. Laut Prof. Gramazio hat sich die Entwicklungsgeschwindigkeit der Maschine seit der Erfindung des Internets rasant gesteigert. Dennoch benennt er, was Mensch und Maschine voneinander unterscheidet und dazu führt, dass sie sich perfekt ergänzen: Menschliches Handeln ist eigenständig und basiert auf Erfahrungen, die Maschine ist auf Steuerung angewiesen. Für serielle Arbeiten ist die Maschine meist die erste Wahl, weil sie fortlaufend gute Leistung erbringt, während der Mensch sich lieber komplexeren Arbeiten zuwendet. Er ist spontan und kann Problemlösungen erarbeiten, da das Gehirn als neuronales Netz parallel funktioniert und somit verschiedene Erfahrungen miteinander kombiniert bzw. in der Lage ist abzuschätzen.
Gramazio`s Ausgangslage ist einmalig. Er geniesst den Luxus, in seiner Arbeit experimentell vorzugehen, hat fast uneingeschränkte Güter zur Verfügung und hält eine Stellung inne, die ihm den Einblick in die neusten Technologien ermöglicht. Er sieht die Maschine als komplexes Werkzeug, von und für Menschen erschaffen. Klar ist jedoch auch, wer dieses Werkzeug bedienen will, muss zumindest eines von Gramazio`s oben genannten Privilegien geniessen dürfen.
Prof. Gramazio besuchte die Fachrichtung Industrial Design am 13. März im Rahmen der Dienstagabendveranstaltung.
Text: Arlinda Neziri, Ba-Studentin im 2. Semester